Gedanken zum Jahreswechsel

Schon bald ist das Jahr 2010 vorbei – vielleicht eine Zeit, um kurz inne zu halten und sich zu vergegenwärtigen, wo wir stehen. Ist man etwas aufmerksam, darf ohne Zweifel gesagt werden, dass viele unter uns echt besorgt sind. Die Sorgen sind nicht unbegründet. Einige Beispiele mögen stellvertretend aufgeführt werden:

  • Weshalb erachtet es die Landesregierung als unnötig, im SIPOL B 2010 die nationalen Interessen zu umreissen, sodass sich daraus strategische Leitlinien für die schweizerische Sicherheitspolitik ergeben?
  • Weshalb wurde bei der Erarbeitung des SIPOLB 2010 in Kauf genommen, dass der geforderte Sicherheitsverbund Schweiz einseitig zulasten der Armee geht und die Kantone ungenügend in die Pflicht genommen werden? Dazu müsste der Beitrag der Armee zur Wahrung der Inneren Sicherheit klar und unmissverständlich (inkl. seine Grenzen) umschrieben werden. Der Verzicht auf die Weiterverwendung des Begriffs “Raumsicherung” ist Kosmetik. Die Kantone müssen zur Kenntnis nehmen, dass es im Lichte der stets kleiner werdenden Armee ihre ureigenste Aufgabe ist, dafür besorgt zu sein, dass die kantonalen Polizeikräfte (inkl Polizeikonkordat und IKAPOL) für mehr als die normale Lage ausreichen müssen.
  • Wann endlich werden unsere Parlamentarier-/innen realisieren, dass die Zeit endgültig vorbei ist, in der man die Armee finanziell als “Steinbruch” benützen kann? Es braucht Zivilcourage, um gesetzlich gebundene Beiträge an die verschiedensten Organisationen und Institutionen in Frage zu stellen. Als Bürger stellen wir fest: die Armee hat in Bern keine Lobby!
  • Wie lange noch glaubt eines der reichsten Länder dieser Welt, sich damit begnügen zu können, jährlich weniger als 1% des BIP in seine militärische Landesverteidigung stecken zu müssen und dabei nicht realisiert, dass diese Haltung im Ausland im besten Fall ein müdes Lächeln provoziert, in der Regel aber mit Verachtung gestraft wird und so der Standort Schweiz mehr und mehr Schaden nimmt?

Der Fragenkatalog könnte fortgeführt werden. Wichtig scheint mir aber, dass man erkennt, dass sich die Fragestellungen nicht auf gefechtstechnischem Niveau abhandeln lassen bzw. sich in Strukturfragen erschöpfen dürfen. Wenn zum Beispiel die sicherheitspolitische Kommission des Ständerates verlangt, dass bis Ende März 2011 weitere drei Armeestrukturen erarbeitet werden (Armeebestand von 60’000, 100’000, 120’000 Mann), so ist die Schussrichtung schlicht falsch. Im Vordergrund muss die Frage nach den Leistungen stehen, die diese Armee zu erbringen hat. Erst daraus resultieren Armeebestand und die dazu passenden Strukturen.

Und noch ein Gedanke: Im Februar 2011 stimmt das Schweizer Volk über die “Entwaffnungsinitiative” ab. Lassen wir uns nicht über Scheinargumente und humanitär verbrämte Befürchtungen verunsichern! Es ist schlicht und einfach ein weiterer Versuch gewisser Kreise, die Armee in Raten abzuschaffen und zwar nicht irgendeine Armee abzuschaffen, sondern unsere Milizarmee!

Zu guter Letzt ein Wunsch für das Jahr 2011: Möge es gelingen, wieder zu einem nationalen Konsens zum Stellenwert unserer Armee in der Gesellschaft und zu den ihr übertragenen Aufgaben im Rahmen der schweizerischen Sicherheitspolitik zu kommen. Damit ist auch klar, wer vornehmlich in der Pflicht ist: unsere Politikerinnen und Politiker! Wir Wähler werden uns im Rahmen der Gesamterneuerungswahl des Nationalrates 2011 die Frage stellen (müssen), wen wir neu oder erneut “nach Bern” schicken. Sicherheitspolitisch versierte, engagierte und mutige Politikerinnen und Politiker sind im aktuellen Umfeld erst recht gefragt.

Ich wünsche allen frohe Festtage und später einen guten Start ins neue Jahr. Ihnen und Ihren Angehörigen wünsche ich im Namen der Gesellschaft der Generalstabsoffiziere alles Gute. Möge das neue Jahr Ihre Erwartungen und Hoffnungen erfüllen!

Ihr
Martin v.Orelli, Div a D
Präsident der Gesellschaft der Generalstabsoffiziere

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