Fragen an die Sicherheitspolitiker

Gestern Abend hat die Gruppe GIARDINO mehrere Fragen an Sicherheitspolitiker zugestellt. Denn bevor sich National- und Ständerat auf ein “Armeemodell” mit definierten Bestandeszahlen und einer finanziellen Obergrenze festlegen, möchte GIARDINO die Diskussion weg von diesen beiden Zahlen führen, versachlichen und stärker auf militärische Leistungen leiten.

Wir haben die Politiker um einen Moment gebeten in dem sie darüber nachdenken, ob sie in der aktuellen sicherheitspolitischen Diskussion “das Richtige” tun. Dazu sollen unsere Fragen dienen. Wenn unsere Politiker nach der Beantwortung der Fragen von ihrer “Lösung” umso mehr überzeugt sind, kann ihnen das nur recht sein. Wenn sie jedoch zu zweifeln beginnen, wäre unser Ziel erreicht. Vielleicht erkennen sie dann, dass sie auf “dem falschen Dampfer” fahren.

Sollte GIARDINO Antworten auf die Fragen sowie weiterführende Überlegungen und Begründungen erhalten, werden wir diese Reaktionen und Stellungnahmen publizieren.

Fragekatalog

Volksentscheide zur Armee XXI (Grundlagen)

  • Die “Halbierungsinitiative“[1] wurde 2000 abgelehnt. Inzwischen sind die Ausgaben für die Armee von 1,2% des BIP auf 0,8% des BIP gesunken. Wurde der Volksentscheid also umgesetzt?
  • Gilt der Volksentscheid zur Armee XXI mit seinen Eckwerten von 2003 noch?
  • Wie rechtfertigen Sie vor dem Hintergrund dieses Volksentscheides den Entwicklungsschritt 08/11 bzw. die aktuelle Armeediskussion?
  • Hat die dem Volk – im Vorfeld der Abstimmung – versprochene Armee XXI die geforderten Ziele erreicht? Welche Ziele sind das? Wie und durch wen wurde die Zielerreichung überprüft?
  • Welches ist der Hauptgrund, dass nach A 95, A XXI und dem ES 08/11 nun zum 4. Mal in 20 Jahren eine Armeereform nötig ist? Wurden Alternativen geprüft? Wieso lässt man die Armee nicht zuerst die bestehenden Probleme lösen, bevor man sie in ein neues “Abenteuer” schickt?

[1] Die Initiative verlangte: Der Bund kürzt schrittweise die Kredite für die Landesverteidigung, bis die Ausgaben für die Landesverteidigung spätestens zehn Jahre nach Annahme dieser Übergangsbestimmung auf die Hälfte der Rechnung des Jahres 1987 reduziert sind. Die Teuerung wird dabei ausgeglichen.

Bedrohungen

  • Woran erkennen Sie, dass sich die Sicherheitslage in Europa zuspitzt?
  • Wie hat sich die wirtschaftliche und die sicherheitspolitische Lage in Europa in den letzten 10 Jahren entwickelt – positiv, negativ oder ist sie in etwa gleich geblieben?
  • Welche Entwicklung – wirtschaftlich und sicherheitspolitisch – erwarten Sie für die nächsten 5 bis 10 Jahren?
  • Welches sind aus Ihrer Sicht die grössten Bedrohungen für die Schweiz als Bundesstaat in den nächsten 5 bis 10 Jahren?
  • Sind das Auseinanderbrechen der EU, des Euro, oder anderer Vereinbarungen (z.B. Schengen) Szenarien, worüber die Politik nachdenken und sich vorbereiten sollte?
  • Welchen Einfluss haben solche Szenarien auf die aktuelle sicherheitspolitische Debatte?
  • Sind Politik und insbesondere Armee heute auf solche Szenarien vorbereitet? Wenn NEIN: Wie schnell müssten sie vorbereitet sein?
  • Rechtfertigen die aktuellen Probleme (u.a. Schuldenkrise, Migrationsströme) eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben und eine höhere Gewichtung der Sicherheitspolitik?

Leistungsfähigkeit der Armee (Definition SOLL)

  • Welche militärischen Leistungen soll die Armee gleichzeitig erbringen können?
    a) Abwehr eines militärisch organisierten, mechanisierten und modern ausgerüsteten Gegners (Beschreiben Sie Mannstärke und Kampfkraft des Gegners)
    b) Schutz kritischer Infrastruktur (Bezeichnen Sie die Anzahl und Art der Objekte z.B. KKW, Flughafen, Versorgungseinrichtungen, Brücken/Tunnels, öffentliche Gebäude)
    c) Überwachen von Räumen (Grösse in km2, Art [überbaut, offen]) und Transversalen (Länge in km)
    d) Schutz der eigenen Truppen und Infrastruktur (Ja/Nein)
    e) Grenzschutz (Länge der zu schützenden Grenze in km; max 1’858 km)
    f) Permanenter Schutz des Luftraums (Ja/Nein)
  • Wie schnell soll die Armee bereit sein, diese einzelnen Leistungen zu erbringen (“Mobilmachung”)?
    – aus dem Stand (innert 24h)
    – nach wenigen (max 4) Wochen
    – nach (max 6) Monaten
    – nach (max 2) Jahren
  • Wie lange soll die Armee diese einzelnen Leistungen erbringen können (Durchhaltefähigkeit)?
    – über (max 9) Wochen
    – über (max 12) Monate
    – über mehrere Jahre
  • Können die oben von Ihnen definierten Leistungen von der aktuellen Armee erfüllt werden? Wenn NEIN: Wieso nicht? Welche Stellgrössen müssten geändert werden?

Geplante Armee

  • Können die oben von Ihnen definierten Leistungen von der nun geplanten Armee bzw. der von Ihnen oder Ihrer Partei geforderten Armee erfüllt werden? Wenn NEIN: Wieso nicht? Welche Stellgrössen müssten geändert werden? Wie rechtfertigen Sie eine allfällige Differenz?
  • Erfüllt die von Ihnen bzw. Ihrer Partei geforderte Armee die Vorgaben der Bundesverfassung (Art. 58 Abs. 2, Art. 52 und 57, Art. 173 Abs. 1a und b sowie Art. 185 Abs. 1 und 2)?
  • Wer trägt das “Restrisiko” (= wenn die [aufgrund der Bedrohung] notwendige Leistung [zur Verteidigung bzw. dem Schutz der Schweiz und ihrer Bevölkerung] nicht rechtzeitig und/oder genügend lange erbracht werden kann)?

Umsetzung (von SOLL zu IST)

  • Sind Sie oder Ihre Partei bereit, sich für die zur Deckung der Lücken notwendigen finanziellen Mittel (“Anschubfinanzierung“) einzusetzen?
  • Bis wann ist die Umsetzung abzuschliessen?
  • Welches sind die Ziele der aktuellen Armeereform?
  • Wie, wann und durch wen werden die Ziele überprüft?

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Die Fragen gibt es auch als PDF-Dokument.

Wie beantworten unsere Mitglieder diese Fragen? Diskutieren Sie mit!

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