Zu Besuch am Orientierungstag für angehende Rekruten

Wie werden angehende Rekruten auf ihren Militärdienst vorbereitet? Welche Informationen erhalten sie? Anlässlich eines Orientierungstages des Kreiskommandos Aargau in Wohlen hat sich der Präsident der FOG ein Bild gemacht und mögliche Anknüpfpunkte für die FOG “aufgeklärt”.

Mit dem Orientierungstag verfolgt das Kreiskommando drei Zielsetzungen:

  1. Vorbereitung auf die Rekrutierung (Was kommt auf mich zu? – Sport, Medizin usw.).
  2. Festlegung des Zeitpunkts der Rekrutenschule (Dieses Datum ist massgebend für das Aufgebot zur Rekrutierung).
  3. Umfassende Information zu den verschiednenen Themen: Armee, Durchdiener, Kader, waffenloser Dienst, Zivildienst, usw.

Als erstes fällt auf: Die Organisation ist eingespielt, die Informationsfülle (schon fast zu) umfangreich, die Kurzfilme packend und die Einrichtung zweckmässig militärisch. Das Team um Hptm Koller macht einen guten Job, die angehenden Rekruten werden gut informiert und umfassend betreut.

Das Gros der anwesenden jungen Bürger verfolgt die Ausführungen aufmerksam und weist auch Vorwissen auf, welches in guten Fragen zum Vorschein kommt. Ein Drittel ist normalerweise interessiert, 1/3 läuft einfach mit und 1/3 zeigen eher ihre Abneigung.

Ab 16 Jahren werden die jungen Mitbürger jährlich und regelmässig an das Thema Militär herangeführt. Nach einer Vororientierung mit 16 durch das Kreiskommando folgt ein Informationsabend mit 17 und ein Orientierungstag mit 18 Jahren. Es folgt die Rekrutierung mit 19 und die RS im Alter von 20.

Im Kanton Aargau finden Orientierrungstage an vier Orten statt: im Frühling in Frick für die Region Fricktal, im Mai in Aarau für die Region Aarau/Zofingen, im August in Wohlen für das Freiamt und im September für die Region Baden/Zurzach. Der Orientierungstag informiert über alle “Angebote” der Wehrpflicht, also neben dem Militär auch den waffenlosen Dienst, den Zivildienst und den Zivilschutz – letzteres für ‘militärdienstun-‘, aber ‘schutzdiensttaugliche’.

An diesem Nachmittag werden die verschiedenen militärischen Funktionen vorgestellt und am Schluss in einer ersten Bestandesaufnahme zusammengefasst. Dabei wird deutlich, dass die in Wohlen anwesenden leistungsbereit sind und die Tätigkeit “helfen” mit 0 Antworten klar abfällt.

Die Filme über den Dienst als Durchdiener sind nach der Ansicht des Verfassers dieser Zeilen etwas gar positiv aufgemacht. Hier wird mit Argumenten wie den besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt und einem Studium ohne Unterbruch viel Kaderpotenzial “abgeschöpft”. Fast schon scheint es, dass Militär, Zivilschutz und Zivildienst um die Jungen kämpfen. Dazu ist anzufügen, dass der Inhalt des Orientierungstages vom Kommando Rekrutierung vorgegeben wird.

Im Video zum Zivildienst wird eine Führungsfunktion (!) vorgestellt. Es werden v.a. Studenten und KV-Angestellte (!) angesprochen. Dem Studenten wird das Bild eines gemütlichen Praktikums im Altersheim oder im Dienste eines öffentlichen Museums vemittelt. Die Dienste bieten Erlebnisse und machen Spass/Freude. Das Team bemüht sich nach dem Film die Relationen wieder etwas zurecht zu biegen.

Kleiner Exkurs: Zur Zeit verliert die Armee schweizweit ca. 9’000 AdA an den Ersatzdienst. 51% davon stellen das Gesuch während der VBA 2 (nach der RS, im WK), ca. 30% stellen das Gesuch während der RS. Nur ca. 20% der Stellungspflichtigen stellen das Gesuch vor der RS.

Der Film zur Kaderausbildung ist neu, packend und gibt einen guten Überblick. Dass gerade angehende Studenten mit dem während ihrer militärischen Karriere verdienten Geld (>43’000 Franken) ihr Studium finanzieren können, kann ein gutes Argument sein, um diese Jungen bei der Stange zu halten. Ob das Argument der Zertifizierung stichhaltig ist, konnte in den persönlichen Gesprächen nicht nachgewiesen werden. Noch wird aber den Möglichkeiten der militärischen Kaderausbildung in und neben der Präsentation zu wenig Gewicht gegeben. Hier eröffnen sich Chancen für die Offiziersgesellschaften.

Wenn man die Jungen auf die Möglichkeit der Kaderausbildung in den Pausen anspricht, erhält man ab und zu auch klare Absichten zum Weitermachen. Bei Vielen ist es noch nicht klar – sie wollen erst einmal sehen, was auf sie zu kommt. Andere wehren sich schon jetzt gegen das Weitermachen, Sie möchten einfach möglichst schnell Geld verdienen.

Es folgen Informationen zum Ablauf der Rekrutierung im Rekrutierungszentrum Windisch, dem Fitnesstest, dem geistigen Test (verbale und figurale Intelligenz, Psyche, Interessen) und zur Zuteilung in die Truppengattungen. Anschliessend werden die Dienstbüchlein verteilt – ein Moment, welcher den meisten wohl als wenig bedeutend erscheint… Die Angaben werden zusammen mit dem anwesenden Sektionschef kontrolliert. (Nebenbemerkung: Noch besteht kein elektronischer Austausch zwischen dem Einwohneramt, dem SVA und dem PISA – die Daten jedes AdA müssen vom Sektionschef manuell (!) im PISA erfasst werden. Auch der Austausch von Adressdaten mit dem Kreiskommando fand bisher meist über ausgedruckte Etiketten statt.)

Tipps zur Planung der RS und der aktuell laufenden Ausbildung leiten zu einem Teil über wo die RS mit jedem einzelnen terminlich fixiert wird. Der angehende AdA hat kaum Zeit sich einen längerfristigen Zeitplan zu überlegen. Für ihn stellt sich die Frage: RS nach der Lehre/Matura oder – besonders bei Studenten – erst nach dem Bachelorstudiengang oder Durchdiener RS?

Den Abschluss machen Hinweise auf Rechte und Pflichten, Tipps, dem Material und dem Wehrpflichtersatz.

Die Zielsetzungen des Kreiskommandos können als “erfüllt” betrachtet werden.

Fazit:

Den jungen Bürger wird an diesem Tag eine unglaubliche Menge an Informationen vermittelt. Die Unterlagen ermöglichen zwar eine gute Nachbereitung, doch es bleibt die Frage nach der Aufnahmefähigkeit und wie sich die Jungen über die nächsten Jahre organisieren. Mit den “Nebenschauplätzen” Zivilschutz und -dienst wird ein kritisches Mass erreicht.

Die Reihenfolge der Filme ist zu ändern. Nicht erst kurz vor der grossen Pause darf die Kaderausbildung zur Sprache kommen, sondern zuerst, wenn die Aufmerksamkeit noch hoch ist. Der Vorschlag ist bereits platziert.

Für Offiziersgesellschaften bieten sich ein paar Möglichkeiten, die nun evaluiert werden müssen.

Was dem Präsidenten der FOG fehlt:
Eine Kaderausbildung ist eine einmalige Chance für die jungen Bürger. Sie haben JETZT die Möglichkeit eine Weiterbildung einzuschlagen, welche ihnen im Berufsleben trotz allen Unkenrufen mehr Möglichkeiten, bessere Führungsqualifikationen und damit bessere Chancen eröffnet. Wer etwas auf sich hält, strebt das Maximum an, denn die Armee hat mehr zu bieten als nur schiessen, retten, bauen und übermitteln – die spannendste Tätigkeit ist das FÜHREN in allen noch so schlimmen Lagen. Dazu müssen aber kurzfristige Nachteile (das Studium etwas später beginnen, ein paar Diensttage mehr leisten, etc.) in Kauf genommen werden. Ein verantwortungsvoller Bürger wird sein Wesen und seine Tugenden in der Armee unter Beweis stellen können und daran weiter wachsen. Die Aufforderung an die Jungen wäre: “Zeigen Sie uns, welche Fähigkeiten und welches Potenzial Sie haben!”

Chancen für die FOG (zu prüfen und mit dem Kreiskommando zu besprechen):
Teilnahme an den Orientierungstagen mit je 1 Offizier/Führungskraft in der Wirtschaft, der insbesondere den Teil “Kaderausbildung/Weitermachen” präsentiert. Es macht sicher mehr Eindruck, wenn ein den anwesenden Bekannter Offizier diesen Teil näher bringt. Dieser Of, welche auf “der Seite der Rekruten” steht, kann überdies “den Puls fühlen” und im persönlichen Gespräch für die Sache der Armee “kämpfen” – insbesondere natürlich für die Kaderausbildung. Ziel muss sein, dass der Armee an diesen frühen Abzweigungen möglichst wenig potentielle Kader abspringen. Die lokalen Offiziers- (und Unteroffiziers)gesellschaften können dazu etwas beitragen.

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3 Antworten auf Zu Besuch am Orientierungstag für angehende Rekruten

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